Partner
Services
Statistiken
Wir
Chris Wenner: Not Old Enough (Review)
Artist: | Chris Wenner |
![]() |
Album: | Not Old Enough |
|
Medium: | CD/LP/Download | |
Stil: | Americana, Folk, Singer/Songwriter, Westcoast |
|
Label: | MARA Records | |
Spieldauer: | 51:27 | |
Erschienen: | 28.02.2025 | |
Website: | [Link] |
Kann man für Musik jemals zu alt sein?
Garantiert nicht aus der Sicht von CHRIS WENNER, der mit „Not Old Enough“ ein einerseits modern, aber andererseits auch sehr altehrwürdig klingendes Album vorlegt, das sich irgendwo zwischen den ganz großen Folk-Blues-Herren wie dem ins Alter gekommenen NEIL YOUNG und CROSBY, STILLS & NASH der alten Zeiten (Das ist tatsächlich ein echter Unterschied!) einordnet, wobei besonders unverkennbar die sanft klingende Stimme des fast 70-jährigen Wenner ist, die sich sofort einprägt. Dazu noch die harmonischen Akustik-Gitarren und zärtliches Piano-Spiel. Das passt alles bestens zusammen und macht aus „Not Old Enough“ mit wenig Aufwand ein richtig gutes Album.
Natürlich spielen hierbei auch die Kompositionen und Texte (leider fehlen diese als Abdruck in der LP) eine bedeutende Rolle.
Offensichtlich liebt Wenner seine Rolle, die er als weniger bekannter Musiker in dem großen, weiten Feld des Americana und der Westcoast-Sounds sowie dem liedermachenden Folk einnimmt.
Mit Leidenschaft und großem Können taucht der singende Multiinstrumentalist emotional tief in seine Songs ein, die zudem modern und richtig gut produziert sind und sich – trotz allen Retro-Charmes – durch einen sehr modernen Klang auszeichnen. So, als wären CROSBY, STILLS, NASH & YOUNG mit einer Zeitmaschine in die Gegenwart gedüst, um dort unter besten Studio-Bedingungen ein ruhiges, bewegendes, aber all ihre Erkennungsmerkmale aufweisendes Album aufzunehmen und dabei festzustellen: „Something's Going On In The House“.
Und, liebe Leute, man wird sicher kaum glauben, dass dieser CHRIS WENNER, von dem viele wahrscheinlich bisher kaum etwas gehört haben, tatsächlich ein deutscher Musiker ist, der im Alter von 15 Jahren die akustische Gitarre (wahrscheinlich eine blaue, wenn man sich das beeindruckende wie traurige Lyric-Video zu „Something's Going On In The House“ etwas genauer anschaut) für sich entdeckte und bald darauf begann, eigene Songs zu komponieren, die deutlich von solchen Größen wie Crosby, Stills & Nash, Paul McCartney, James Taylor und Paul Simon inspiriert waren. Einflüsse, die man auf „Not Old Enough“ nur zu gut hört – und der Mann steht tatsächlich seinen großen Vorbildern in kaum etwas nach.
Das liegt zudem speziell an dem ungewöhnlich warmen, ein wenig zerbrechlichen, manchmal etwas weinerlich erscheinenden, Klang seiner faszinierenden Stimme, die zudem einem MARC COHN nahekommt, sodass diese LP, die es immerhin auch auf eine beachtliche Laufzeit von gut 51 Minuten bringt, wie eine romantisch wie traurig angehauchte Balladen-Sammlung klingt, die sich langsam auf den Weg nach Memphis macht.
Also – warum hört man erst so spät von diesem CHRIS WENNER?
Ja, die Antwort ist denkbar einfach und aus beruflicher, aber nicht musikalischer Sicht, rundum verständlich.
Wenner war sein Leben lang erfolgreicher Anwalt und verdiente sich damit seine Brötchen. Eine eindeutig sicherere Verdienstquelle, als auf die Musik zu setzen, die ja bekanntlich zu den brotlosen Künsten zählt. Doch nachdem er sein berufliches Lebenswerk vollendet und sich in Richtung Rente verabschiedet hatte, ließ er (zum Glück), getreu seinem Motto „Not Old Enough“ folgend, seiner wahren Leidenschaft, der er seit seiner Kindheit nachhing, freien Lauf und nahm insgesamt drei Alben auf, von denen „Not Old Enough“ ein kleines Meisterwerk geworden ist, was wohl auch daran liegt, dass es so gar nicht nach der deutsch-kleingeistigen, sich dem Mainstream-Radio anbiedernden Musizierkunst, sondern dem großen Geist des amerikanischen Horizonts klingt, an dem vertäumt Sonne und Mond abwechselnd auf- und untergehen.
So dürfen sich gerne die altehrwürdigen Zeitgenossen, denen die Musik der Vergangenheit noch immer sehr nahe geht, auf die eine oder andere Gänsehaut gefasst machen, wenn Wenner seine Stimme erhebt und dazu beispielsweise wie in „Mexico Bro“ ein Duduk und Vögel erklingen oder beim das Album abschließenden „Too Bad – Piano Version“ die großartige ANNE DE WOLFF zugleich Geige, Bratsche und Cello beisteuert und sich so der Kreis, welcher mit der 'Normalversion' von „Too Bad“ begann, überzeugend schließt. Welche der beiden Versionen mehr bewegt, muss jeder für sich entscheiden – der Kritiker jedenfalls favorisiert die finale Version, woran de Wolff einen nicht unerheblichen Anteil hat.
FAZIT: Man möchte kaum glauben, dass CHRIS WENNER nicht aus dem unmittelbaren Americana-Umfeld sondern aus Deutschland kommt. Gerade weil er auf „Not Old Enough“ genau diesem Album-Titel alle Ehre macht und als im Jahr 1956 geborener, gefühlvoller und sich den ruhigen Klangfarben hingebender Folk-Liedermacher mit Leidenschaft und emotionalen Texten in eine Reihe mit seinen großen Vorbildern CROSBY, STILLS & NASH stellt und dabei eben eine ähnlich unvergleichliche Stimme wie der seinen Musikhelden damals abhanden gekommene Mr. YOUNG besitzt, wenn dieser sich besonders den ruhigeren Tönen hingab. Wenner, der ehemalige Anwalt, war wohl in seinem Beruf ein guter Verteidiger, in der Musik ist er nunmehr als 'Rentner' ein hervorragender Verteidiger der althergebrachten musikalischen Americana-Werte. Nach diesem „Not Old Enough“ bleibt zu hoffen, dass auch in Zukunft von dem nicht zu alten Musiker noch jede Menge zu hören sein wird.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Seite A (26:26):
- Too Bad (4:19)
- Something's Going On In The House (4:11)
- Too Many People (3:03)
- Undone (3:34)
- May You Always Shine (3:30)
- Not Old Enough (3:58)
- Skin (3:51)
- Seite B (25:01):
- Mexicali Bro (4:20)
- I Can Make My Life Rerun (5:08)
- Tic Tac Toe (4:40)
- Old Love (3:35)
- Late For The Sunset (2:08)
- Too Bad – Piano Version (5:10)
- Bass - Christian Wenner, Dirk Berger
- Gesang - Christian Wenner
- Gitarre - Christian Wenner
- Keys - Dan Hirsch, Gunter Papperitz, Christopher Noodt, Christian Wenner
- Schlagzeug - Hanno Stick, Markus Lingner, Connor Fitzgerald, Philsen Hoppen
- Sonstige - Philsen Hoppen, Markus Lingner, Connor Fitzgerald, Philsen Hoppen (Percussion), Jerome Bugnon (Posaune), Anne de Wolff (Geige, Bratsche, Cello), Milan Vogel (Duduks, Bassklarinette), Christian Wenner, Greta Lovisa, Pia Allgaier (Harmoniegesang)
- Not Old Enough (2025) - 13/15 Punkten
-
keine Interviews