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Christian Lee Hutson: Paradise Pop. 10 (Review)
Artist: | Christian Lee Hutson |
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Album: | Paradise Pop. 10 |
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Medium: | CD/LP/Download | |
Stil: | Singer/Songwriter, Folk, Americana |
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Label: | ANTI-/Indigo | |
Spieldauer: | 42:49 | |
Erschienen: | 27.09.2024 | |
Website: | [Link] |
Selten täuscht ein Albumtitel so über das hinweg, was dann tatsächlich auf der LP geschieht, wie bei „Paradise Pop. 10“ von CHRISTIAN LEE HUTSON. Denn alle, die hier Pop mit himmlischen Melodien, die direkt Richtung Paradies zielen, erwarten, die werden schon bei dem todtraurigen Album-Opener „Tiger“ verblüfft die Ohren spitzen (oder diese gar enttäuscht hängenlassen). Hier sind keine Tanzschritte zu peppigen Pop-Rhythmen gefragt, sondern tatsächlich offene Ohren, welche dann die spannenden und bedrückenden Inhalte hinter Hutsons Texten direkt Richtung Hirn transportieren.
„Paradise Pop. 10“ ist das dritte Album des Singer/Songwriters aus Los Angeles, der sich mit seiner Musik tief in die melodramatisch-musikalischen Abgründe solch großartiger Musiker wie BON IVER oder WILLIAM FITZSIMMONS sowie JOHN PRINE begibt und nach dem ersten Hördurchgang bereits eine große Träne im Ohr/Augenwinkel des Hörers hinterlässt.
Denn Hutson setzt bei „Paradise Pop. 10“ genau auf die gänzlich gleiche Atmosphäre, auf die er bereits bei seinem hochgelobten 2020er-Debüt „Beginners“ setzte und das vom 'Pitchfork' schon als „eine atemberaubend einfühlsame Studie menschlicher Schwächen“ bezeichnet wurde. Genau diese 'Studie' erfährt in seinem 2024er-Album ihre Fortsetzung.
Von Anfang bis Ende spürt man die fragile Intimität der Songs, die in ganz seltenen Fällen auch mal etwas rockiger – aber ohne an Dramatik einzubüßen – daherkommen können wie „Carousel Horses“. Doch das bleibt auf „Paradise Pop. 10“ die Ausnahme.
Das bestimmende Gefühl hinter diesem 'paradiesischen Pop-Album' ist die Trauer und Melancholie, gemischt mit einem Hang zu fast dramaturgisch angelegten Geschichten, die in den Songs ihre lyrische wie erzählerische Schönheit entfalten, sodass es sich zugleich als großartige Idee erweist, genau diese Qualitäten auch in einem knapp zehnminutigen Musik-Kurzfilm zum Album zu erzählen, der wie das Album eine sehr gefühlvolle wie spannende, aber zugleich reichlich verstörende, Atmosphäre verbreitet.
Und da die Texte durchaus in ihren Geschichten, die darin erzählt werden, allesamt ähnliche Berührungspunkte besitzen, entdeckt man in der LP glücklicherweise auch einen LP-Einleger mit allen Lyrics auf der einen Seite und einem weiteren – ganz ähnlich wie das LP-Cover gestaltetem – ganzseitigen Bild.
Mit einer gehörigen Prise Optimismus endet das Album recht unerwartet mit „Beauty School“ – und bestätigt damit die Worte Hutsons, der zur Absicht hinter seinem Album feststellte: „Ich wollte eine Platte mit Blick nach oben machen. Eine Platte, die nach vorne schaut.“
Gerade darum bleibt uns am Ende auch die vierfach wiederholte Erkenntnis, welche den Song abschließt in den Ohren und dem, was sich dazwischen befindet, hängen: „Everything is different now“.
Mal sehen, was wir daraus machen – oder ob wir auch weiterhin nur an dem „Weiter so“ vieler unserer Zeitgenossen kleben bleiben. Das macht eben den Unterschied zwischen einer paradiesischen Pop-Platte und „Paradise Pop. 10“ von CHRISTIAN LEE HUTSON aus.
FAZIT: Man sollte unbedingt, bevor man sich auf das großartige, sehr melancholische Album „Paradise Pop. 10“ von CHRISTIAN LEE HUTSON einlässt, wissen, dass sich hinter dem Album-Titel nicht die musikalische Ausrichtung des amerikanischen Singer/Songwriters verbirgt, sondern eine Stadt, die tief in den Wäldern von Parke County in Indiana liegt. Und genau nach dieser ruhigen wie natürlichen (sowie etwas verstörenden) Atmosphäre klingt das Album. Hutson setzt so der Stadt, in deren Nähe er einen Großteil seiner Kindheit verbrachte, ein musikalisches wie textliches Denkmal. Übrigens befindet sich gleich hinterm Ortsschild von „Paradise Pop. 10“ eine Reihe von fünf Häusern auf der einen Straßenseite – auf der anderen aber liegt der Friedhof. Hier nun kommt der traurige Hutson-Soundtrack zu dem verträumten Städtchen, in dem sich Leben und Tod so unmittelbar – ausschließlich durch eine Straße getrennt – gegenüberliegen.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Seite A (19:18):
- Tiger (3:50)
- Carousel Horses (4:36)
- Autopilot (3:26)
- Water Ballet (4:18)
- Candyland (3:08)
- Seite B (23:31):
- Flamingos (5:22)
- Fan Fiction (3:57)
- After Hours (3:15)
- Forever Immortalized (3:18)
- Skeleton Crew (3:36)
- Beauty School (4:03)
- Bass - Julian Cubillos, Kaylee Stenberg, Joseph Lorge
- Gesang - Christian Lee Hutson, Phoebe Bridgers, Maya Hawke, Kaylee Stenberg, Katy Kirby, Samia Finnerty
- Gitarre - Christian Lee Hutson, Phoebe Bridgers, Loan Chung
- Keys - Christian Lee Hutson, Shahzad Ismaily, Benjamin Lazar Davis
- Schlagzeug - Marshall Vore, Remy Morritt
- Sonstige - Nick Levine (Pedal Steel), Odessa Jorgensen (Geige), Melina Duterte (Trompete)
- Quitters (2022) - 12/15 Punkten
- Paradise Pop. 10 (2024) - 13/15 Punkten
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