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Josienne Clarke: Far From Nowhere (Review)

Artist:

Josienne Clarke

Josienne Clarke: Far From Nowhere
Album:

Far From Nowhere

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Singer/Songwriter, Folk, Pop

Label: Corduroy Punk
Spieldauer: 42:31
Erschienen: 17.10.2025
Website: [Link]

Im Rahmen ihrer über 15-jährigen Laufbahn als Songwriterin, Theater-Komponistin und Recording Artist hat die britische Singer/Songwriterin JOSIENNE CLARKE wirklich so einiges ausprobiert, was sich nicht mit dem Label 'Folk-Künstlerin' vereinbaren lässt, welches ihr schon zu Beginn ihrer Karriere aufgedrückt wurde – einfach weil sie damals akustisch agierte. Da waren zum Beispiel die fruchtbare, kollaborative Zusammenarbeit mit dem freigeistigen E-Gitarristen BEN WALKER, die zu mehreren Duo-Alben und etlichen Touren führte, eine Kollaboration mit dem Jazz-Pianisten KIT DOWNES und und nicht zuletzt das Bandprojekt PICAPICA, mit dem Clarke die Grenzbereiche zwischen Folk, Jazz, Artpop, Ambient und Psychedelia stets multidimensional auslotete.

Im Falle des nun vorliegenden 12. Studioalbums „Far From Nowhere“ ist die Sache allerdings etwas einfacher. Obwohl sich JOSIENNE CLARKE auch auf diesem Album alle Mühe gibt, sich strukturell, harmonisch und gesanglich herauszufordern, ist dieses Album tatsächlich zunächst mal als intimes Folk-Album angelegt.


Das hat mit der Entstehungsgeschichte des Werkes zu tun: Um den Irrungen und Wirrungen des zunehmend undurchsichtigeren Musikbusiness zu entfliehen (und einem Burnout vorzubeugen) zog sich CLARKE für dieses Projekt zusammen mir ihrem Tontechniker und Co-Produzenten MURRAY COLLIER für eine Woche in eine abgelegene schottische Waldhütte zurück, wo dann die Songs entstanden und – logischerweise analog – auch gleich eingespielt wurden.

Dass JOSIENNE CLARKE dabei an einer Bronchitis herumlaborierte, macht sich eher förderlich bemerkbar, indem sie bei einigen Tracks (wie etwa „In The Dark Of The Night“) mit einem gewissen rauen Unterton in für sie eher ungewöhnlicheren, tieferen Stimmlagen sang. Normalerweise agiert JOSIENNE CLARKE nämlich in Sopran-Bereichen und erzeugt dabei oft eine liturgische Note („Dreams Of Sleep“) oder gar eine lautmalerische, wie z.B. in dem Song „Tiny Bird’s Lament“, indem sie das Vogelgezwitscher des besungenen kleinen Vogels vokal emuliert.


JOSIENNE CLARKE spielte auf ihrem aktuellen Album alle Instrumente selbst ein und setzte hierbei überwiegend auf die akustische Gitarre als Leitinstrument. Zudem nahm sie sich zwar klassischen britischen Folk-Themen wie Fabeln, Esoterik, Mystik oder Mörderballaden an, transferierte diese aber mittels ihrer romantischen Gebrauchspoetik in die Jetztzeit und brachte dabei ihre Gesellschafts- und Systemkritik ins Spiel, etwa dadurch, dass sie sich in dem Track „AI Love You“ über die AI-Panik unserer Tage lustig macht. Daher ist das mit dem puristischen Folk-Begriff dann so eine Sache.

Beispielsweise setzt sie neben der Gitarre auch ein Omnichord ein (das ja ohne Strom nun mal nicht funktioniert) – und was sie sich harmonisch und spieltechnisch herausnimmt, stimmt auch nicht immer mit der reinen Folk-Lehre überein. Das abschließende „A Slow Burn“ schließlich ist zwar vom Ansatz her ein klassischer Folk-Song, überrascht dann aber dadurch, dass er mit einer elektrischen Gitarre vorgetragen wird und mit Keyboard-Harmonien unterlegt ist. Ähnlich verhält es sich mit dem Opener „What Do I Do“, der aber nicht als Folk-Song sondern (mit Bass und perkussiven Effekten) eher als Dreampop-Track angelegt ist.


Für Puristen ist „Far From Nowhere“ schonmal nichts. Gleichwohl spielt die Musikerin trotzdem gerne mit den Formalismen des Folk-Genres. Beispielsweise wenn sie in dem Song „Ssanna“ augenzwinkernd erklärt, wie man einen klassischen Folk-Song am effektivsten aufbaut und auch die „Madler Horror Story“ nicht so ernst nimmt, wie es das Thema verheißt. Lediglich auf die Jazz-Elemente, die ihre Crossover-Projekte ansonsten auszeichnen, verzichtet Clarke auf diesem Album weitestgehend und setzt mehr auf Verstiegenheit und/oder kunstvoll aufgetürmte, selbst erzeugte Chöre und Harmonie-Effekte.

Als Vorbild für dieses Projekt dienten Solo-Akustik-Landmarken wie SPRINGSTEEN’S „Nebraska“ oder ADRIENNE LENKERs „Songs“, die unter ähnlichen Bedingungen entstanden sind. Einen interessanten Mehrwert erhielt dieses Projekt, indem der ganze Aufnahmeprozess von dem Dokumentarfilmer ALEC BOWMAN CLARKE auf Video festgehalten wurde.


FAZIT: Mit dem Album „Far From Nowhere“ schlägt die britische Songwriterin JOSIENNE CLARKE zwar weder einen grundsätzlich neuen Weg ein, bezieht sich aber andererseits auch nicht alleine auf ihre puristischen Folk-Roots, so ist „Far From Nowhere“ das Werk einer Künstlerin, die mit sich im Reinen ist, da sie erkannt hat, wann es notwendig ist, sich auf sich selbst zu beschränken, aber dennoch die musikalische Weiterentwicklung und/oder die Variation als kreatives Mittel nie aus den Augen verliert.

Ullrich Maurer (Info) (Review 173x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 12 von 15 Punkten [?]
12 Punkte
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Tracklist:
  • We're Never Coming Back
  • What Do I Do
  • Tiny Birds Lament
  • In The Dark Of The Night
  • Dreams Of Sleep
  • The Sucker Of Struggle
  • AI Love You
  • Bushes, Briars & Thorns
  • Ssanna
  • The Madler Horror Story
  • Underdog
  • Afternoon Shadow
  • A Slow Burn

Besetzung:

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